Die Vorbereitung auf die Schule – Das solltest du unbedingt gelesen haben
Bei einem Besuch im Buch- oder Zeitschriftenladen oder im Spielwarengeschäft, wundert man sich über die Vielfalt an Angeboten für Vorschulkinder. Da gibt es Vorschulhefte mit Rechenaufgaben, vorgezeichneten Buchstaben, Mandalas und vieles mehr. Natürlich besitzen bzw. besaßen auch wir einige Exemplare und auch meine beiden Großen versuchten sich ab und zu an diesen Heften, weil sie es kurzzeitig interessant fanden.
Ich habe schon öfter das Gefühl gehabt, dass viele Eltern meinen, dass das Kind im Vorschulalter sich jetzt unbedingt dafür interessieren sollte und die Eltern sich gezielt mit an den Tisch setzen und versuchen ihrem Sohn oder ihrer Tochter diese Aufgaben schmackhaft zu machen. Wenn das Kind dann kein Interesse zeigt, andere Eltern aber auch noch stolz von den Schreib- und Rechenkünsten ihrer gleichaltrigen Kinder berichten, fragen sich bestimmt nicht wenige, ob ihr Kind denn die Hürde Schulanfang auch ohne diese Vorschulübungen schaffen wird.
Wenn ein Kind ganz normal in den Kindergarten geht und die Erzieherinnen dort ihren Job ernst nehmen, werden sie alle Kinder im Vorschulalter automatisch langsam an die passenden kleinen Aufgaben heranführen. Und wenn sich dann herausstellen sollte, dass eines der Kinder gewisse feinmotorische Defizite hat, sollte es in einem guten Kindergarten so sein, dass die Eltern darauf aufmerksam gemacht werden. Läuft jedoch alles glatt, und ein Kind kann Schnecken nachmalen, eine Schere gut führen, mit Kleber umgehen und altersgemäß malen, muss es doch nicht zu Hause irgendwelche Buchstaben nachmalen, nur um später in der Schule nicht hinten anzustehen. Vorbereiten sollte man meiner Meinung nach das Kind auf ganz andere Art und Weise, nämlich indem man seine Selbstständigkeit fördert und auch das Kind auch ein wenig herausfordert.
Verantwortung an das eigene Kind übertragen
Das Kind kann z.B. ab einem gewissen Zeitpunkt für seine Kindergartentasche verantwortlich sein, indem es prüfen muss, ob die Brotdose und die Flasche drin sind (und gut gefüllt sind), oder das es z.B. morgens die Aufgabe hat, zu schauen, wie das Wetter aussieht, damit man gemeinsam die passende Kleidung aussucht. Ebenso kann man dem Kind zutrauen, auch mal seinen Teller in die Küche zu tragen oder Servietten für das Abendessen zu fallten. Sprich, dem Kind einfach kleine, regelmäßig wiederkehrende Aufgaben übertragen, die es in diesem Alter bewältigen kann.
Die Selbstständigkeit des Kindes fördern
Nach dem Montessori Motto “Hilf’ mir, es selbst zu tun”. Ein Kind, dass im Kindergarten in der Lage ist, seine Jacke und Schuhe anzuziehen, braucht zu Hause auch niemanden, der ihm diese Aufgabe abnimmt. Was es tun kann, sollte man es auch tun lassen, auch wenn es länger dauert, als wenn man helfen würde – und die Zeit hierfür sollte man einplanen, bzw. wirklich nur in absoluten Ausnahmefällen helfen und dies dann auch begründen. Man schadet dem Kind ganz gewiss nicht, wenn man es auch mal im Rahmen seiner Möglichkeiten herausfordert und das Gemeckere erträgt. Viele Kinder sind ja Meister darin, zu Jammern (”das kann ich aber nicht”) und “kochen” so ihre Eltern weich, weil diese ein zu dünnes Nervenkostüm haben, sich damit auseinanderzusetzen. Warum sollte ein normal entwickeltes Vorschulkind nicht seine Kartoffeln selbst mit dem Messer schneiden können oder beim Abendessen sein Brot mit Frischkäse bestreichen können? Wir drücken bereits unserer knapp 20 Monate alten Tochter ein eigenes Kindermesser in die Hand und sie darf üben, sich etwas auf’s Brot zu schmieren.
Man kann Vorschulkindern durchaus einiges zutrauen – auch mal, selbst irgendwo anzurufen. Bei uns galt zur Vorschulzeit die Regel: Wer nicht in den Kindergarten gehen möchte, obwohl er nicht krank ist, musste selbst anrufen und absagen. Das haben beide Großen mit anfänglichem Unbehagen und anschließendem Stolz über die Leistung immer selbst gemacht. Der Wunsch, nicht zu gehen (was sehr selten war), war dann auch wirklich größer, als die Angst zu telefonieren.
Feinmotorische Fähigkeiten beim Kind schulen
Hierzu braucht man kein Vorschulbuch, in dem das Kind irgendwelche Buchstaben oder Zahlen nachzeichnen muss. Die Feinmotorik kann man auch schulen, indem man dem Kind z.B. im letzten Kindergartenjahr Schuhe zum Binden kauft und sich die Zeit nimmt, das Schleifenbinden zu üben, was den angenehmen Nebeneffekt hat, dass im Kindergarten auch noch Hilfe vorhanden ist, wenn ein Kind nicht weiterkommt, ein Kind in der Schule jedoch auf sich alleine gestellt ist, wenn es z.B. mal einen Ausflug ins Eisstadion unternimmt und dort Schlittschuhe mit Schnürsenkeln ausleiht. Außerdem kann man die Feinmotorik wunderbar mit dem oben beschriebenen Messerbeispiel verfeinern. Die Ergotherapeutin unseres Großen riet uns damals dazu, ihm beim Hantieren mit Messer und Gabel möglichst NICHT zu helfen, weil dies eine sehr gute feinmotorische Übung ist (und unser Großer im Vorschulalter noch leichte feinmotorische Defizite hatte). Kleister und eine Kiste trockene Bohnen und Erbsen (damit kann man tolle “Kunstwerke” basteln) oder die gute alte Strickliesel sind ebenfalls tolle Spielideen, die ganz nebenbei die feinmotorischen Fähigkeiten verbessern. Oder man baut mal eine Murmelbahn im Sandkasten – mit langen Stöcken kann man wunderbare Tunnel graben, durch die man dann die Murmeln jagt.
Grobmotorische Fähigkeiten schulen
Um das Gleichgewichtsgefühl und den Bewegungsapparat zu schulen, sollte man dem Kind vielfältige Bewegungsmöglichkeiten bieten, die ihm SPASS machen, ohne es zu unter- oder überfordern. Das Angebot der örtlichen Sportvereine ist ja meistens schon recht groß, dennoch gibt es auch noch viele Spielideen, die sich auch im privaten Rahmen gut umsetzen lassen. Man kann z.B. Seile auf den Boden legen und Zirkusartist spielen, Zeitungspapier mit nackten Füßen zerreißen und dann mit den Füßen in einen Eimer schmeißen, man kann im Wald mal die ausgetretenen Wege verlassen, über Baumstämme balancieren, ein Boot aus Rinde, Zweigen und Laub bauen und im Bach schwimmen lassen, über Steine klettern, usw. Gerade im Wald werden die meisten Kinder von sich aus kreativ, wenn man ihnen die nötigen Anreize bietet und nicht nur geradeaus zum nächsten Waldgasthof marschiert. Des weiteren kann man mit Vorschulkindern wunderbar Fahrradfahren, die meisten Kinder sind in diesem Alter durchaus in der Lage, bereits einige Kilometer zu bewältigen, sofern man nicht gerade im alpinen Gebiet wohnt oder nur Autobahnen und Schnellstraßen in seiner Wohngegend hat. Nebenbei schult gemeinsames Radfahren und Touren auch noch den Blick für den Verkehr, dem das Vorschulkind in den meisten Fällen mit Schuleintritt ausgesetzt wird.
Das Erinnerungsvermögen und die Konzentrationsfähigkeit fördern
Man benötigt eigentlich keine Computerspiele in diesem Alter um das Gedächtnis oder die Konzentrationsfähigkeit zu schulen. Die normalen Alltagssituationen reichen hier völlig aus.
Kinder in diesem Alter sind normalerweise Meister im Memory-Spielen und gewinnen problemlos gegen Erwachsene – vielleicht, weil diese häufiger mit ihren Gedanken abweichen und so unkonzentrierter sind. Von daher kommt dieses Spiel nicht nur den Kindern zugute, sondern auch gleichzeitig den Eltern. Man kann z.B. auch das Kind zum Einkaufen mitnehmen, und ihm z.B. vorher sagen, dass man Äpfel, Bananen, Butter, Schwarzbrot und Käse benötigt. Die Aufgabe des Kindes ist es dann, die Mutter (oder den Vater) an genau diese Dinge zu erinnern.
Auch häufiges Vorlesen und darüber erzählen fördert das Erinnerungsvermögen und die Konzentrationsfähigkeit – weitaus mehr als das passive Hören von CD’s oder Kassetten, weil das Kind beim Vorlesen aktiv in das Geschehen mit eingebunden ist und auch die Fantasie bei der Vorstellung der Handlung nicht zu kurz kommt. Auch der Sprachentwicklung kommt Vorlesen zugute, denn durch die richtige Intonation beim Vorlesen bekommt das Kind ganz nebenbei ein Gefühl für Satzstrukturen und das Interesse am Selbstlesen wird geweckt. Und… ein Kind, das Spaß an Büchern hat, wird später auch gerne selbst lesen und garantiert weniger Probleme bei der Rechtschreibung haben. Das kann keine noch so gute CD oder Kassette leisten – geschweige denn ein Computerspiel.
Das Zahlenverständnis fördern
Hiermit meine ich nicht, dass das Kind in irgendwelchen Heftchen Zahlen nachmalen sollte oder gar Plus- oder Minus-Aufgaben in Schriftform bewältigen sollte, sondern das es ganz nebenbei ein Gefühl für Mengen bekommt. Z.B. zu überlegen, ob fünf Kartoffeln für die Familienmahlzeit ausreichen, oder ob man vielleicht doch acht kochen muss, weil der Papa immer drei Kartoffeln isst, die Mama zwei und die Kinder eine bzw. zwei. Oder nebenbei zu fragen, wie viele Joghurts denn noch im Kühlschrank sind, wenn sich das Kind jetzt einen rausnimmt. Auch beim Backen oder Kochen kann man dem Kind zeigen, wie es gewisse Mengen abwiegen kann, oder eben die einfachen “Tassenkuchen” backen (dabei sind die Mengeneinheiten in Tassen angegeben). Dem Kind einfach ein Gefühl für Mengen zu geben und dabei auch das Zählen ganz nebenbei zu üben, reicht zur Förderung in diesem Bereich völlig aus. Ob das Kind die Ziffern auf dem Blatt der richtigen Zahl zuordnen kann, ist zunächst gar nicht so wichtig. Das kommt von ganz alleine, wenn es in die Schule kommt.
Man kann ein Kind ganz prima ohne jegliches Vorschulbuch auf die Schule vorbereiten und tut ihm vielleicht damit einen weitaus größeren Gefallen als sich stundenlang an den Tisch zu setzen – gerade für Kinder, die sich nicht so gerne mit vorgegebenen Malaufgaben beschäftigen. Es müssen nicht unbedingt die “schultypischen” Materialien sein, die ein Kind auf die Anforderungen in der Schule vorbereiten. Es sollte nebenbei ablaufen, ohne Zwang und vielleicht sogar ohne dass dem Kind unbedingt bewusst ist, dass es nun etwas “Sinnvolles” für die Schule macht. Es soll einfach nur Spaß machen und das kann jeder Familie ihrem Kind bieten.